„Hör mir zu!“

Ich kenne diesen Satz am stärksten und unmittelbarsten von Kindern. Sie wollen in dem Moment nur gehört werden, keine Ratschläge, keine Verbesserungen, einfach nur ein „Hör mir zu!“. Das kann auch heißen „Hörst du mich eigentlich?“. Nämlich das, was ich sage, und wie es mir geht. Und nicht das, was du dazu denkst und meinst, mir sagen zu müssen.

Momo konnte es

Wenn Ihnen jemand zuhört, richtig zuhört, gehört das nicht wirklich zu den guten Erfahrungen, die Sie besonders in schwierigen Zeiten machen können? „Was die kleine Momo konnte wie kein anderer, das war: Zuhören. Das ist doch nichts Besonderes, wird nun vielleicht mancher Leser sagen, zuhören kann doch jeder. Aber das ist ein Irrtum. Wirklich zuhören können nur ganz wenige Menschen.“ (aus Michael Ende: Momo). Woran hat Michael Ende das wohl festgemacht, dass Momo gut zuhören kann? „Momo konnte so zuhören, dass dummen Leuten plötzlich sehr gescheite Gedanken kamen. Nicht etwa, weil sie etwas sagte oder fragte, was den anderen auf solche Gedanken brachte, nein, sie saß nur da und hörte einfach zu, mit aller Aufmerksamkeit und Anteilnahme. Dabei schaute sie den anderen mit ihren großen, dunklen Augen an und der Betreffende fühlte, wie in ihm auf einmal Gedanken auftauchten, von denen er nie geahnt hatte, dass sie in ihm steckten. Sie konnte so zuhören, dass ratlose oder unentschlossene Leute auf einmal ganz genau wussten, was sie wollten.“

Woran erkennen Sie, dass Ihnen jemand wirklich zuhört?

Spüren Sie es an der Aufmerksamkeit, daran, wie sich Ihr Gegenüber Ihnen zuwendet? Er zeigt Interesse, ohne Ratschläge zu geben, ist ganz für Sie da, mit offenen Ohren und mit offenem Herzen. Er will Sie verstehen, nicht nur akustisch. Und er hat Verständnis für Sie, Ihre Situation und Ihre Gefühle. Gutes Zuhören verlangt auch Zeit, und eine innere Haltung (nämlich die, zuhören zu wollen).

Es gibt viele Ratgeber und Lehrbücher, die sich auf Kommunikation und Rhetorik beziehen, auch aktives Zuhören, gewaltfreie Kommunikation, zirkuläres Fragen sind Schlagwörter, die sicher viele kennen. Aber die Qualität des Zuhörens wird seltener vermittelt. Der Dirigent Claudio Abbado sagte: „Viele Menschen lernen, wie man spricht, aber sie lernen nicht, wie man zuhört. Einander zuhören ist eine wichtige Sache im Leben.“ (https://www.kirche-im-swr.de/beitraege/?id=34808 )

Es ist wichtig, weil gutes Zuhören Beziehung und Verständnis schafft, ohne Bewertung. Einfach durch Dasein, dabei sein, still sein. Der Mensch wird am Du zum Ich, so Martin Buber zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts. (Martin Buber: Ich und Du, Reclam, Stuttgart 2008). Dieses Du sind wir dem anderen, wenn wir ihm einfach nur zuhören, ohne dass er Erwartungen erfüllen muss.

Versuchen Sie es: So hören Sie gut zu

  • Wenden Sie sich Ihrem gegenüber zu. Entspannen Sie sich.
  • Erlauben Sie sich, still zu sein. Erstmal keine Ratschläge, kein Verhaltenstipp. Bewerten Sie nicht, verurteilen Sie nicht.
  • Unterbrechen Sie nicht. Unterbrechen Sie immer noch nicht.
  • Stellen Sie – wenn nötig – Verständnisfragen. Wiederholen Sie mit eigenen Worten, was Sie verstanden haben. Benennen Sie die Gefühle des anderen, die Sie wahrnehmen.
  • Erzählen Sie nicht davon, wie es Ihnen gerade geht, oder wann es Ihnen schon einmal ähnlich ging.
  • Bleiben Sie bei Ihrem Gegenüber, dem, was er oder sie von sich erzählt. Bleiben Sie entspannt.

“The quieter you become,
the more you are able to hear.”
-Rumi-

Foto Vie Studio bei Pexels