Dem Frühling vertrauen

Vom Eise befreit

… sind wir noch nicht, auch wenn der Frühling schon eingekehrt ist.

Kennen Sie Goethes Faust?

So gut, dass Sie sich an den Osterspaziergang erinnern? Johann Wolfgang von Goethe hat in diesem Gedicht die Freude, die der Frühling mit sich bringt, in den Blick genommen, die Begegnungen der Menschen, die sich verändernde Natur. Und damit auch das Vertrauen: „Das Hoffnungsglück im Tale entsteht.“
Unser aller Leben ist derzeit noch durch die Einschränkungen, die die Corona-Pandemie mit sich bringt, gekennzeichnet. Mancherorts Ausgangssperren, immer noch Kontaktbeschränkungen und damit für viele auch immer noch soziale Isolation, vielleicht sogar existenzielle Sorgen. Da ist noch kein Frühling in Sicht.

Vertrauen

Da hilft es, Vertrauen zu haben. Vertrauen darauf, dass es gut kommen wird. Vertrauen: ein Substantiv, für die „subjektive Überzeugung (oder auch das Gefühl für oder Glaube an die) von der Richtigkeit, Wahrheit von Handlungen, Einsichten und Aussagen bzw. der Redlichkeit von Personen“ (Wikipedia) oder aber auch vertrauen: als Verb, welches eine Handlung beschreibt, ein aktives sich diesem Zustand zuwenden. „Ein festes Überzeugtsein von der Verlässlichkeit, Zuverlässigkeit einer Person, Sache“, so erklärt das wahrscheinlich bekannteste Wörterbuch Deutschlands (Duden Vertrauen) dieses Wort.

Vertrauen wird auch als Erwartung beschrieben, „nicht durch das Handeln anderer benachteiligt zu werden; als solches stellt es die unverzichtbare Grundlage jeder Kooperation dar […]“. (Wirtschaftslexikon Gabler) Selbst wenn es uns im Moment vielleicht schwer fällt, Vertrauen zu haben. So kennen die meisten von uns diesen Zustand. Wir können ihn wahrscheinlich sogar körperlich spüren. Wir wissen, wie es sich anfühlt, Vertrauen zu haben, vertraut zu sein mit jemandem. Vertrauen lernen gehört zu den Grundlagen des Lebens. In Ericksons Stufenmodell gehört dies zu zu der ersten Phase der psychosozialen Entwicklung (Focus online zum Stufenmodell). Vertrauen gibt es in vielen Formen, als Selbstvertrauen, Vertrauen in andere und auch Vertrauen in die Welt als solche, in die Natur, das Wachsen und Leben.

Und das kann es sein, was uns hilft, die jetzige Situation zu meistern.

Vertrauen ist ein bei sich bleiben, sich nicht verlieren im katastrophischen Denken. Heribert Prantl schreibt in der SZ „Es gibt eine Lust am katastrophischen Denken; sie ist gefährlich, weil sie die Hoffnung zerstört, die nötig ist, um die Krise zu bewältigen.“  (SZ vom 28.03.2021)
Vertrauensstärkende Bilder können Ihnen helfen, Ihre Ressourcen zu nutzen, Ihre Resilienz zu stärken und den Frühling hoffnungsfroh zu erwarten. Und das, was jetzt schon blüht und wächst, auch zu sehen, zu riechen, zu spüren. Üben Sie sich daran. Wenn Sie mögen, versuchen Sie, einen kreativen Zugang zu diesen Möglichkeiten zu finden.

Übungen

Folgende Achtsamkeits-Übungen, die auch Ihre Resilienz stärken, können Sie unterstützen:

  • Kennen Sie Ihre Krisenkompetenz? Lernen Sie sie kennen.

Nehmen Sie sich 15 Minuten Zeit, ein Blatt Papier zur Hand und reflektieren Sie: Welche kleineren und vielleicht auch größeren Krisen haben Sie in Ihrem Leben bereits überstanden? Wenn Sie Ihrem besten Freund oder Ihrer besten Freundin beschreiben sollten, wie Sie das geschafft haben, was war entscheidend, was war ist Ihr Erfolgsgeheimnis? Und was haben Sie durch die Krise gelernt, wie sind Sie durch diese Krise gewachsen?  Wie können Sie diese Erfahrung auf aktuelle Krisensituationen anwenden?

  • Überprüfen Sie die Realität. Akzeptieren Sie, was nicht Vermeidbar ist.

Akzeptieren Sie, was unvermeidbar ist. Schimpfen und Jammern verbessern eine Situation nicht. Hilfreicher ist es, eine Situation, eine eigene Eigenschaft oder Verhalten von anderen Personen – all das, was nicht zu ändern ist – zu akzeptieren. Annehmen, was ist. Auch hierbei können Sie sich beobachten, was ist es wirklich, was Sie an der Situation, an dem Verhalten stört. Wie wäre es eigentlich, wenn es noch schlimmer wäre und auch wieder, gibt es einen Gewinn, einen Nutzen, wenn Sie die Situation akzeptieren (lernen). Machen Sie sich Notizen, und erkennen Sie, ob sich über die Zeit ihre Sicht der Dinge ändert.

  • Bleiben Sie bei sich. Vergleichen Sie (sich) nicht.

In der Regel macht Vergleichen unzufrieden und hilft Ihnen nicht auf den richtigen Weg. Gönnen Sie anderen deren Fähigkeiten oder deren Besitz oder … 

Sie schwächen Ihr Selbstvertrauen, wenn Sie sich mit anderen vergleichen. Es ist das, was wir lernen, wenn wir nur auf Zensuren achten, der Werbung folgen und unsere eigenen Werte vergessen.  Es gibt immer jemanden, der es besser kann. Oder? Beobachten Sie sich, wie oft bewerten Sie Ihr Verhalten, Ihr Können, Ihre Leistungen und wie oft werten Sie sich ab? Beobachten Sie besser: was haben Sie wieder geschafft, seien Sie zufrieden mit dem Tag, was funktionierte gut?

Osterspaziergang
Vom Eise befreit sind Strom und Bäche
Durch des Frühlings holden, belebenden Blick,
Im Tale grünet Hoffnungsglück;
Der alte Winter, in seiner Schwäche,
Zog sich in rauhe Berge zurück.

Von dort her sendet er, fliehend, nur
Ohnmächtige Schauer körnigen Eises
In Streifen über die grünende Flur.
Aber die Sonne duldet kein Weißes,
Überall regt sich Bildung und Streben,
Alles will sie mit Farben beleben;
Doch an Blumen fehlts im Revier,
Sie nimmt geputzte Menschen dafür.

[…]
Sieh nur, sieh! wie behend sich die Menge
Durch die Gärten und Felder zerschlägt,
Wie der Fluß in Breit und Länge
So manchen lustigen Nachen bewegt,
Und, bis zum Sinken überladen,
Entfernt sich dieser letzte Kahn.
Selbst von des Berges fernen Pfaden
Blinken uns farbige Kleider an.
Ich höre schon des Dorfs Getümmel,
Hier ist des Volkes wahrer Himmel,
Zufrieden jauchzet groß und klein:
Hier bin ich Mensch, hier darf ichs sein!
JOHANN WOLFGANG VON GOETHE, Faust I

Foto Jens Mahnke bei www.pexels.com