Achtsamkeit statt Einsamkeit

Allein oder einsam?

Allein zu sein, heißt nicht, dass man einsam ist. Allerdings, wenn man das Alleinsein als schmerzhaft empfindet, sich isoliert fühlt und leidet, und auch wenn kein Ende dieses Zustands zu sehen ist, wird aus dem Alleinsein tatsächlich Einsamkeit. Ein Zustand, der psychische Schwierigkeiten bereiten und auch krank machen kann (Spiegel online).

Wissenschaftliche Auswertungen zeigen: Wer sich einsam fühlt, sozial isoliert ist, hat ein größeres Risiko an Krebs zu erkranken, einen Schlaganfall oder einen Herzinfarkt zu erleiden.  Auch psychische Erkrankungen können durch Einsamkeit ausgelöst werden (Deutsches Ärzteblatt). Alleinsein kann auch selbstgewählt sein und gut ertragen werden. Es gibt Menschen, denen die Einbindung in die Gemeinschaft nicht so wichtig ist. Die meisten von uns wünschen sich aber vertrauensvolle Beziehungen und eben dieses Eingebunden sein, dies ist ein Grundpfeiler psychischer Gesundheit.

Ein Einsamkeitsministerium

Großbritannien hat 2018 als erstes Land weltweit ein Einsamkeitsministerium ins Leben gerufen (Deutschlandfunk vom 23.12.2019). Die neue Behörde soll dazu beitragen, dass sich Menschen weniger isoliert fühlen, dass sie aus der Anonymität geholt werden. Beispielsweise schon dadurch, dass über das Thema gesprochen wird und dass die Politik Projekte unterstützt, die einen Beitrag dazu leisten, Einsamkeit zu lindern. Immerhin gelten etwa neun Millionen Briten als einsam. Auch in Deutschland gibt es sie: Einsamkeit und Menschen, die sich einsam fühlen. Auch hier wird diskutiert, wie man ihr begegnen kann (SZ vom 17. Dezember 2020). Dafür brauchte es die Corona-Pandemie nicht, aber sie verstärkt Situationen, in denen Menschen allein sind. Wie einsam sie sich fühlen, hängt von ihrem sozialen Umfeld, ihrer Vernetzung und auch von der eigenen Resilienz ab. Allein sind viele Menschen in dieser Zeit, es ist nicht ungewöhnlich sich auch mal einsam zu fühlen. Wir verzichten gerade auf vieles, was fester Bestandteil unseres Alltags war. Auf einen Restaurantbesuch, auf Gespräche im Freundeskreis, auf Geburtstagsfeiern, auf den Mannschaftssport und den Chor…nicht alles lässt sich und will man auf digitalem Weg ersetzen.

Einsamkeit begegnen … durch Achtsamkeit oder Gelassenheit

Wie gelingt es Ihnen, diese außergewöhnliche und oft schwierige Lebenssituation zu meistern? Führt die Kontaktbeschränkung in Ihrem Leben zu Einsamkeit oder sind Sie nur öfter allein? Gerade in Zeiten der Corona-Pandemie, die vielfältige Veränderungen und auch Belastungen in unserem Alltag mit sich bringt, ist es hilfreich, sich zu beobachten, sich zu kennen. Die eigenen Emotionen zu beobachten, einordnen zu können, was es genau ist, was fehlt. Und auch, was es braucht, damit wir uns besser fühlen. An der eigenen Gelassenheit zu arbeiten, ist ein guter Weg Alleinsein auszuhalten und vielleicht sogar, die guten Seiten von einsamen Momenten zu entdecken.

Verschiedene Methoden können dabei helfen:

  • Den Tag strukturieren, vielleicht müssen Sie sich sogar den Wecker stellen.
  • Spazieren gehen und die Gedanken an schöne Zeiten treiben lassen. Sich bewegen, Sport machen…
  • Was bringt Ihnen Freude? Tun Sie dies ganz bewusst, mehrmals am Tag. Gute Bücher lesen, gute Filme schauen, sich dies selbst auswählen und so aktiv sein.
  • Briefe schreiben, auch wenn es vielleicht keinen Adressaten gibt. Oder schreiben Sie wieder Tagebuch.
  • Achtsamkeitsübungen in den Alltag integrieren.
  • Digitale Medien können vorübergehend helfen, in Kontakt mit Menschen zu sein, die man schon kennt und die man gerade nicht treffen kann.
  • Und wenn das Leiden nicht zu ertragen ist und im Umfeld keine Hilfe in Sicht, ist es wichtig, sich professionelle Hilfe zu suchen.

„Gelassen kann nur sein, wer mit sich selbst im Reinen ist“, so schreibt das GEO-Magazin in seinem Beitrag „Gelassen durchs Leben gehen“ (GEO-Magazin, 8/2020). Und schon Seneca wusste: „Es tut gut „Geselligkeit und Einsamkeit abzuwechseln“, und „Öfter mal rauszugehen, damit die Seele in vollen Zügen die frische Luft genießen kann.“
Das gilt auch heute noch.

die einsamkeit
das muß schon einige zeit her sein,
daß ich von einsamkeit gelesen habe,
denn längst ist einsamkeit nicht mehr
so fern (von mir),
daß ich es lesen muß
um etwas davon zu hören,
sie geht mir tag und nacht
nicht mehr aus den ohren.
ERNST JANDL

Foto Igor Trepeshchenok bei www.barnimages.com